Jahresvortrag des "Vereins der Freunde und Förderer des Martin-Buber-Hauses"

Die "Freunde und Förderer des Martin-Buber-Hauses" luden gemeinsam mit der Bildungsreferentin Birgit Meurer Herrn Dr. Martin Bauschke zu einem Vortrag in den Heppenheimer Marstall ein, wo er zum Thema „Ist der Erzvater ein Segen oder Fluch für die Völker? Abraham und der interreligiöse Dialog“ sprach.

Den Freunden und Förderern, die über die Welt verstreut sind, ist es zur liebgewordenen Tradition geworden, einmal im Jahr, gemeinsam mit dem MBH einen Vortrag zu veranstalten. An diesem 26. September 2019 hatten sie es besonders gut getroffen, weil der Vortrag von Dr. Bauschke im Rahmen der "Interkulturellen Woche" stattfand, und interkulturell beinhaltet nun mal interreligiös.

Dr. Bauschke ist in Heppenheim kein Unbekannter, schon des Öfteren hat er hier vor größerem Publikum gesprochen, man kann sogar sagen, er hat hier sein Publikum.

Im gut gefüllten Marstall ließ Dr. Bauschke die vielen Facetten der Figur Abrahams, der in allen drei monotheistischen Religionen eine herausragende Rolle spielt, Revue passieren. Nicht nur, dass die Geschichte Abrahams in den einzelnen Religionen unterschiedlich erzählt wird, auch innerhalb jeder einzelnen Religion, das wurde schnell klar, haben wir es mit einer schillernden, ambivalenten Figur zu tun.

Kann man von Abraham als Vorbild, als Schirmherr des Trialogs sprechen? In seinem kurzweiligen Vortrag beleuchtete Dr. Bauschke diese Frage aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Als Vorbild der Gastfreundschaft, als Freund Gottes in der Erzählung des Korans, oder als Gerechter in der jüdischen Überlieferung, könnte Abraham ein Segen, ein Vorbild für die Völker sein.

Aber da gibt es noch die anderen Stränge der Überlieferung. Was ist mit dem Abraham, der seine Frau Sara, aus Furcht vor dem Pharao, als seine Schwester ausgab? Ein Lügner, ein Feigling? Dem Abraham, der bereit war, seinen Sohn zu opfern? Oder dem selbstgerechten, wütenden Bilderstürmer, der die Götzenbilder seines Vaters zerschlug? Wie werden diese Erzählungen über Abraham von den Religionen interpretiert? Zu welchen Vorbildern und Rechtfertigungen führen sie?

Diese Fragen vermied Dr. Bauschke keinesfalls, er sprach von der Verherrlichung der Märtyrer im Christentum, von dem Mythos der Akedah - der Bindung Isaacs - in israelischen Kriegen und der Bereitschaft fanatisierter Muslime den Opfertod zu sterben oder die Symbole Andersgläubiger zu zerstören.

Abraham also ein Segen und Fluch zugleich abhängig von dem jeweiligen Blickwinkel. Der Vortrag endete mit drei Gedichten von Raya Harnik, einer israelischen Dichterin, die den Mythos der Akedah zur Glorifizierung des Todes israelischer Soldaten als Märtyrertod anprangert. Eins der Gedichte möge hier zitiert werden:

Nicht mehr 1942

Nicht mehr Treblinka

Nicht mehr Schafe zur Schlachtung geführt

Jetzt stolz

Jetzt wie Massada

Jetzt, Schafe zur Opferung

(Übersetzung: Eva Schulz-Jander)

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Freunde und Förderer zu einem kleinen Umtrunk ins Martin-Buber-Haus eingeladen. Viele folgten der Einladung und nutzten die Gelegenheit miteinander und mit Dr. Bauschke über den Vortrag zu diskutieren. Sicher hätte Buber sich über eine solch lebhafte Diskussion in seinen Räumen gefreut. Kurz vor Mitternacht endete dieser lohnende Abend.


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