Bericht über die ICCJ Konferenz 2014 in Buenos Aires

Die jüngste Jahreskonferenz des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ), die vom 19. bis 21. August in Buenos Aires stattfand, zeugte von einem beeindruckend lebendigen Netzwerk interreligiöser Zusammenarbeit in vielen lateinamerikanischen Ländern - und weltweit.

Die Jahreskonferenz widmete sich dieses Mal dem Thema: "Jüdisch-christlicher Dialog: Verpflichtung und Herausforderungen. Lateinamerikanische und internationale Erfahrungen und Perspektiven". Mehr als 150 Teilnehmer der weltweit 40 Mitgliedsorganisationen des ICCJ konnten von den argentinischen Gastgebern begrüßt werden. Für drei Tage widmeten sie sich dem intensiven Austausch, dem gemeinsamen Lernen und der Diskussion historischer, theologischer und identitätsrelevanter Fragen.
Prominente Hauptredner präsentierten lehrreiche und ansprechende Beiträge zur Geschichte der jüdisch-christlichen Beziehungen in Südamerika, stellten innovative Methoden der Bibelauslegung vor und boten neue Konzepte des Bundesverständnisses, die nicht einem "entweder-oder"-Schema folgten, sondern beiden Glaubensweisen einen Platz in Gottes Plan für die Menschheit einräumten.

Die Konferenzteilnehmer, zu denen jüdische und christliche Geistliche, Gelehrte und Wissenschaftler wie auch Leiter lokaler Dialogorganisationen und interessierter Teilnehmer aus dem Publikum gehörten, nahmen an einer Vielzahl thematisch weit gestreckter Workshops und Gesprächsrunden teil:

  • Befreiungstheologie und ihre Implikationen für das jüdisch-christliche Verhältnis
  • antijüdische Passagen im Neuen Testament
  • erneut anwachsender Antisemitismus und Islamophobie
  • der Beitrag des französischen Philosophen Emmanuel Lévinas für das interreligiöse Gespräch
  • Erfolge und Herausforderungen im interreligiösen Dialog
  • die Akzeptanz religiöser Unterschiede bei gleichzeitiger Bestätigung der eigenen religiösen Identität
  • Perspektiven junger religiöser Führungskräfte in der Ausbildung religiöser Identität
  • Quellen eines religiösen Humanismus im Talmud

An einem Nachmittag besuchten die Konferenzteilnehmer auch das jüdische Gemeindezentrum AMIA (Asociación Mutual Israelita Argentina) und lernten AMIAs Rolle als "Herz" der jüdischen Gemeinschaft in Argentinien kennen, denn AMIA bietet ein breites Spektrum an Bildungsprogrammen sowie sozialer und spiritueller Unterstützung für Einzelne und Gruppen aller Altersklassen, Hintergründe und Kompetenzen an. In diesem Sommer war es zwanzig Jahr her, dass am 28. Juli 1994 ein noch immer nicht aufgeklärtes Bombenattentat auf die Zentrale von AMIA 85 Argentinier das Leben kostete und Hunderte von Verletzten forderte. Zusammen mit den Mitarbeitern von AMIA gedachten die ICCJ Mitglieder dieses traurigen Jahrestages mit jüdischen und christlichen Gebeten am Mahnmal für die Opfer des Anschlags und erinnerten an jene, die auf diese tragische Weise ihr Leben verloren. Zugleich erneuerte man die gemeinsame Verpflichtung, Hass und Gewalt zu bekämpfen wie auch allerorten für die Entwicklung von Beziehungen einzutreten, die von gegenseitigem Respekt, Verständnis und Zusammenarbeit geprägt sind. Versammelt um das farbenprächtige und äußerst inspirierende Mahnmal für die Opfer des Anschlags hörten wir John Lennons klassisches Lied für den Frieden - "Imagine" -, das für uns auf Hebräisch vorgetragen wurde.

Während des Abschlussdinners wurde einer Reihe von scheidenden Mitgliedern des ICCJ Vorstandes für ihren verdienstvollen Einsatz gedankt. U.a. wurde Dr. Deborah Weissman, die nach sechs Jahren als Präsidentin an der Spitze des ICCJ ihren Abschied nahm, mit der „Sternberg Gold Medaille für interreligiösen Dialog“ ausgezeichnet (siehe hierzu den englischen Artikel). Dr. Weissman erhielt die Anerkennung in Dank für ihren leidenschaftlichen Einsatz in der Entwicklung der jüdisch-christlichen Beziehungen und für ihre unermüdliche Reisetätigkeit als internationale Botschafterin im Auftrag der Ziele und Werte des ICCJ.

Die breite internationale Repräsentanz auf der diesjährigen Jahreskonferenz des ICCJ unterstrich zusammen mit den vielen konstruktiven Gesprächen die nachhaltige Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs insgesamt wie auch die des einzigartigen jüdisch-christlichen Dialogs im Besonderen. Der ICCJ, gegründet im Jahre 1947, kann mit Stolz auf seine Jahrzehnte lange Führungsstärke im interreligiösen Dialog blicken, seinen Kampf gegen Intoleranz, Antisemitismus und religiöse Diskriminierung wie auch auf seine Förderung freundschaftlicher und respektvoller Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen Christen und Juden und anderen.
Am Ende der diesjährigen Jahreskonferenz des ICCJ in Buenos Aires blickten wir schon jetzt gespannt auf unsere nächste Konferenz, die im Sommer nächsten Jahres in Rom stattfinden wird, während derer man des fünfzigjährigen Jubiläums von "Nostra Aetate" feierlich gedenken wird. Während die Vorbereitungen für dieses Ereignis bereits laufen, bleibt der ICCJ eine energische und kreative Kraft im interreligiösen Gespräch und lädt Juden, Christen und Menschen aller Glaubensrichtungen und guten Willens dazu ein, gegen Extremismus, Intoleranz und Gewalt zu kämpfen und sich für eine Welt einzusetzen, die von gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Bereicherung geprägt ist.

(Aus dem Englischen übersetzt von Christoph Münz)